Wildbienenfreundlicher Westbalkon

Der Westbalkon liegt mitten in der Hamburger Innenstadt. Er misst ganze 1,9 m in der Länge und 0,9 m in der Breite. Der Platz für bienenfreundliche Bepflanzung hält sich also in Grenzen. Aber ich will dieses Jahr sehen, was möglich ist. Und den geflügelten Freunden, seien es nun Bienen, Hummeln, Fliegen, Schmetterlinge, Käfer oder Falter (bitte nicht beleidigt sein, falls ich jemanden vergessen habe, sondern einfach vorbeikommen und auch "Hallo" sagen), eine Chance geben, Kraft zu tanken in einer doch mancherorts trostlosen Beton- und Asphaltwüste.

Fazit nach den Pflanz- und Insektenbeobachtungsaktionen:

Ich habe mich im Groben an meinen Schlachtplan gehalten, es war also gut, dass ich sowas hatte. Einige Abweichungen gibt es immer und es sieht auch nicht so aus, wie auf meinem gezeichneten Bild, weil natürlich nicht alles gleichzeitig blüht. Es war aber eigentlich immer was da, was geblüht hat, nur manches ist echt langsam gewachsen. Ich glaube schon, dass das am Hamburger Wetter gelegen hat, bei meiner Mama und meiner Schwester in Franken ging nämlich alles viel schneller. Zum Insektenbeobachten musste ich mich extra auf diesen Balkon setzen, da ich normalerweise den anderen nutze. Insofern stellen meine Beobachtungen nur eine kleine Stichprobe dar. Ich musste allerdings schon immer lange warten, bis Insekten vorbeikamen. Da weiß ich nicht, woran das liegt. Ob das Angebot auf der großen Baubrache in der Nähe wohl besser ist? Oder gibt es kaum mehr Bienen hier? Das wäre natürlich traurig. Folgende Arten konnte ich oft beobachten: Erdhummel, Hainschwebfliege, Makenbiene (wenn sie das denn war), Baumhummel, Gartenhummel, Blattschneiderbiene. Vereinzelt kamen: Wiesenhummel, Steinhummel, andere Schwebfliegen. Zusätzlich fanden sich noch ein: Wespen, Schmetterlinge (Distelfalter), Marienkäfer, andere Fliegen, Spinnen, Blattläuse, Ameisen, Raupe (die die Rose komplett zerstört hat).

Es war aber ein echt cooles Projekt, hat wirklich Spaß gemacht und wird weiterverfolgt! Im nächsten Jahr dann evtl. mit selbst gesetzten Frühlingszwiebelpflanzen (z. B. Traubenhyazinthen), Duftveilchen (Teilung der Pflanze vom anderen Balkon), und viele weitere...

Vorher- & Nachher-Bilder

Ansicht Balkonlänge - ca. 1,9 m

Ende März wirkt der Balkon noch etwas leer und trostlos. Im Kasten links wächst bereits eine Schafgarbe (erstanden am Wochenmarkt) und rechts sorgen ein paar Frühjahrsblüher für Farbe, die später in den verwilderten Garten am Haus umziehen werden.

Ansicht Balkonbreite - ca. 0,9 m

Die Südseite des Balkons. Hier wartet eine gefundene Obstkiste darauf, als Nisthilfe für Wildbienen ausgebaut zu werden.

Schlachtplan

Und so soll das Ganze mal aussehen. Ich habe viel vor. Na dann - auf geht's!

Ansicht von unten

1, 7 m² Balkon - bald 1,7 m² Wildbienenparadies?

Aktions-Bilder

Ecke Nord am 31. März

Zur Begrünung der Nordkante meines Balkons habe ich ein Geißblatt geplant, da dieses sehr Hummel- und auch Nachtfalter-freundlich sein soll. Zufälligerweise habe ich so eins Ende März bei eBay-Kleinanzeigen gefunden. Hier ist die Seilkonstruktion zu sehen, die als Rankhilfe dienen soll.

Ecke Nord am 01. April

Hier ist er der neue Bewohner - am Vortag im strömenden Regen einmal quer durch die ganze Nachbarschaft geschleift. Ob sich das Geißblatt auf dem Westbalkon wohlfühlen wird?

Ecke Süd am 05. April

Die Obstkiste ist Anfang April noch leer. Die Pyramide habe ich aus einem alten Waschbecken und zwei Tontöpfen gebaut. Unten habe ich schon eine Wiesensaat ausgesät und im Topf darüber eine Mischung aus Blumen mit essbaren Blüten (Ringelblume, Kornblume, Speisechrysantheme und Borretsch).

Fensterbank am 14. April

Die Prachtwinden sollen einmal auf der Südseite des Balkons emporklettern. Ich habe sie Ende März ausgesät und sie wachsen wirklich turbomäßig schnell. Bald werde ich sie umtopfen müssen und alle kann ich wohl gar nicht behalten.

Bienenhotel am 14. April

Beim Bau des Bienenhotels hatte ich tatkräftige Unterstützung vom Vater meines Freundes. Basis ist ein einjähriges Stück Birke, in das wir unterschiedlich große Löcher gebohrt haben. Leider gibt es im Moment noch kaum Nahrung auf dem Balkon. Da muss ich bald was tun.

Bienenhotel am 15. April

Hier ist das fertige Stück Birke an seinem Standort in der Obstkiste zu sehen. Die Kistenöffnung zeigt nach Süden, was aber zur Folge hat, dass das Hotel für mich nur schwer einsehbar ist. Da ich aber sowieso nicht viel Zeit auf diesem Balkon verbringe (Luxus: ich habe einen zweiten :)), ist das ok.

Kräuterkasten am 16. April

Um den Bienen Nahrung zu bieten und so evtl. schon Gäste in das Hotel zu locken, habe ich mich für ein Bergbohnenkraut mit unzähligen Knospen aus der Gärtnerei entschieden, zu dem sich schon bald selbst gezogener Thymian und Oregano gesellen sollen.

Pflanzaktion am 05. Mai

Anfang Mai habe ich die Radieschen im Kasten mit der Schafgarbe geerntet. Nun sollen weitere Wiesenstauden einziehen. In der Gärtnerei habe ich mich für eine Grasnelke und ein Sonnenröschen entschieden.

Pflanzaktion am 05. Mai - eine Grasnelke

eine recht hübsche Blume - wie ich finde. Sie ergänzt außerdem den Kasten in Bezug auf die Blütezeit, die sich dann auf die gesamte Zeit zwischen April und September erstrecken sollte.

Pflanzaktion am 05. Mai

Hier der fertige Kasten, bestückt mit Sonnenröschen, Schafgarbe und Grasnelke. Mal sehen, was die Sechsbeiner davon halten.

Pflanzaktion am 05. Mai

Und in dem Topf mit dem Geißblatt hat noch ein kleiner Ziest seinen Platz gefunden. Ich bin zwar noch etwas skeptisch, ob es ihm gefällt, aber das wird sich dann ja zeigen.

Bereit zum Pflanzen am 12. Mai

Hier soll eine Blumenwiese für Schmetterlinge entstehen. Die Blumenmischung habe ich von einer Freundin geschenkt bekommen ("Du bist doch immer so öko") und lege gleich los.

Blütennachschub im Juni

Hier bereite ich gerade alles vor, um einen Wiesensalbei aus der Gärtnerei in den für ihn bestimmten Topf einzupflanzen. Ich konnte einfach nicht die Finger davon lassen, zumal sich an den lila Blüten die Hummeln nur so getummelt haben.

Ecke Süd am 05. Juni

Das Insektenhotel bekommt ein Gründach: Aufgrund der sehr geringen Grundfläche des Balkons habe ich die Prachtwinde auf die Obstkiste verfrachtet. Vor allem das selbst gebastelte Rankgitter scheint ihr sehr zuzusagen und sie klettert emsig gen Himmel und produziert eifrig Blüten.

Ecke Süd am 27.07.

Meine Rose wollte ich eigentlich trotz ihrer gefüllten Blüten behalten...dieses Jahr hatte sie aber viele Blattläuse und nur zwei Blüten. Also habe ich sie kurzerhand entsorgt und Ringelblumen gesät. Im Herbst werde ich Natternkopfsamen ausstreuen, die ich am Straßenrand gesammelt habe.

Nachher-Bilder

Gesamtansicht Mitte April

Wegen des schönen Wetters durften sämtliche Zöglinge und Ansaaten heute ihr künftiges Quartier inspizieren. Da ist der Balkon schon ganz schön voll!

Ecke Nord am 15. Juni

Das Geißblatt hat mittlerweile viele Blüten und wird besonders gerne von Hummeln aufgesucht (evtl. auch von Nachtfaltern, das gilt es noch zu prüfen). Das hier ist glaub ich eine Erdhummel, es waren aber auch schon Garten-, Wiesen und Steinhummeln zu beobachten.

Ecke Nord am 17. Juni

Und auch die Hainschwebfliege kommt ab und zu zum Naschen.

Ecke Süd am 21. Juni

Hier freut sich eine Baumhummel über die Kornblumen aus meiner Blumenmischung (essbare Blüten). Auch der Borretsch blüht schon. Im alten Waschbecken ein Stockwerk tiefer kann man auch oft Hummeln am Ehrenpreis beobachten.

Entdeckung an der Prachtwinde am 23.06.

Zufällig wurde ich Zeugin, wie hier eine Blattschneiderbiene angeflogen kam, blitzschnell ein kreisrundes Stück aus der Winde geschnitten hat und dann damit davongeflogen ist. Ich wünschte, ich hätte ein Video gedreht, aber das Tierchen war wirklich fix, sodass ich nur das Ergebnis dokumentiert habe

Besucher an der Phazelia am 23.06.

Hier labt sich eine Schwebfliege an der Phazelia, die nach einigen Wochen nun endlich blüht. Sie hat eine sehr hübsche Zeichnung, aber näher bestimmen als "es ist keine Hainschwebfliege" konnte ich sie leider nicht.

Erdhummel am Dill (Schmetterlingswiese) am 27.07.

Schmetterlinge habe ich hier zwar noch nicht beobachtet, aber diese Erdhummel freut sich tierisch über die Dillblüte. Insgesamt gibt es im Kasten jedoch nur wenige Blüten, ich glaube, in der Mischung sind auch viele Raupenfutterpflanzen.

Klitzekleine Wildbiene an der Taubenskabiose am 27.07.

An der Skabiose machen oft Hummeln und Honigbienen Halt. Hier habe ich glaube ich eine Maskenbiene fotografiert, aber da bin ich mir nicht sicher, sie war echt klein und unheimlich flink. Danach kam eine Erdhummel vorbei, da war das Fotografieren dann etwas leichter :D

Gesamtansicht am 27.07.

95 l Erde + 3 kg Kieselsteine + 120 l Wasser + unzählige Samen + einige Setzlinge + viel, viel Schweiß = mein fertiger Westbalkon. Auf den ich echt stolz bin. Es ist toll, den Pflanzen beim Wachsen und Blühen und den vielen Tierchen beim Sammeln zuzukucken. Da braucht man kein Fernsehen mehr.

Ecke Süd am 27.07.

Da ich die Pyramide nicht aufs Gesamtbild bekommen habe, hier eine extra Aufnahme. Bis auf die Katzenmelisse oben, die sich etwas behäbig gibt, ist alles am Blühen und ein beliebtes Ziel für Insekten. Auch das Thaibasilikum oben auf der Kiste hatte schon tolle Blüten, die den Bienen geschmeckt haben

Nachher-Bilder

Diese Form der Insektentränke lässt sich denkbar einfach aus einer Tonschale (in meinem Fall vom Flohmarkt) und ein paar Steinen (im Garten gefunden) herstellen.

Vor Juli habe ich nie ein Insekt an der Tränke beobachtet, dann eine Wespe. Trotzdem habe ich noch zwei Tränken gebaut, und mit flacheren Steinen versehen, damit auch Hummeln landen können. Bisher kam allerdings immer nur die Wespe (die dafür täglich und in Begleitung ihrer Artgenossen).

Im Bienenhotel ist die erste Röhre belegt. Leider werde ich nicht mitbekommen, wer da schlüpft, da ich dazu die umgebenden Töpfe verschieben müsste. Weil ich den Bienenkindern ihre Ruhe lassen wollte, habe ich auch davon abgesehen, noch zusätzliche Nistmöglichkeiten in die Kiste zu bauen.

Da manche Wildbienenarten gerne in markhaltigen Stängeln nisten, habe ich in unserem Garten ein paar Stängel vom Brombeerdickicht abgeschnitten und in den Topf mit dem Orangenbäumchen gesteckt. Ich kann leider nicht sagen, ob wirklich jemand eingezogen ist (wenn, dann jemand sehr, sehr kleines...)